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Wie und wo kann ich beginnen?

von Sep 27, 2017Lernen & Vorbereiten

Kennst du die Situation, wenn es viel zu viele Dinge gibt, die getan (oder gelernt) werden müssen/sollten/könnten?

Hast du immer wieder Gefühle der Unzulänglichkeit, der Panik und ein ständiges oder zumindest häufiges Gefühl der Überforderung?

Das kann sich darin auswirken, dass du morgens nicht aus dem Bett kommen magst, dass du eher “gelähmt” bist und kaum was tust. Oft findest du auch Ersatzbeschäftigungen: du telefonierst stundenlang, spielst Solitaire oder sonstige Computerspiele, oft erscheint selbst der Hausputz attraktiv.

Es kann aber auch (insbesondere im fortgeschrittenen Stadium) sein, dass du nervös, unruhig und rastlos bist. Dir schwirrt der Kopf und du schaltest in Overdrive, packst kopflos (und zunehmend nervös) hier und dort etwas an, lässt es liegen, packst das nächste an und am Ende des Tages bist du fertig und erledigt, hast aber kaum wirklich etwas erledigt.

Dieses Gefühl kenne ich! Tatsächlich erlebe ich gerade selber eine ähnliche Situation. Die schlechte Nachricht ist somit, dass es so ziemlich jeden und dann auch immer wieder trifft – ein Ende hat es eher nicht.

Die gute Nachricht ist, dass es – wenn auch nicht immer sofort – funktioniert, die Ausgangslage in ihren Vorzeichen umzukehren und anzufangen, wirklich Wichtiges zu erledigen.

Ein Weg dahin könnte so aussehen:

Schritt 1: Erkenne die toxische Situation/Gemütslage

Wenn du dich in obiger Beschreibung wiederfindest, ist es höchste Zeit, zu handeln. Wenn nicht, überflieg vielleicht trotzdem den folgenden Beitrag – vorbeugen ist schließlich besser als heilen!

Schritt 2: Hol dich raus aus der Situation

Trenne dich für Schritte 3 und 4 räumlich vom Problem, das ist wichtig! Wenn deine Überforderung hauptsächlich mit dem Lernstoff zusammenhängt und du z.B. in der Bibliothek lernst, dann setz dich für die folgenden Schritte zu Hause hin oder in einem Café, in dem du dich wohl fühlst, vielleicht nutzt du auch die letzten warmen Sommerstrahlen hierzu.

Vor allem musst du dich aber auch mental vom Problem trennen/distanzieren. Hier ist Deine Kreativität gefragt, du musst idealerweise ein Ritual finden, das zu dir passt. Das wird ein anderes sein, je nachdem ob du vor lauter Aufgaben gelähmt nichts tust (oder nur noch Ersatzbeschäftigungen vorschiebst) oder ob du in blinden und unfruchtbaren Aktionismus verfallen bist.

Bei blindem Aktionismus

Um dich hier rauszuholen kann ein Codewort hilfreich sein. Wenn ich merke, dass sich meine Gedanken überschlagen (oder zu überschlagen drohen), sage ich mir selbst “Stopp!”. Teilweise mehrfach und mit immer größerem Nachdruck. Wenn ich allein bin, dann laut, wenn ich nicht allein bin, dann in meinem Kopf. Aber auch dann “spreche ich zu mir”.

Außerdem hilft es mir, die Situation in eine Komik zu überführen. Ich hatte mal in einem derartigen Zustand einem guten Freund erzählt, ich fühlte mich “panisch/hysterisch”. Er wollte mich aufheitern und sprach im weiteren Gespräch von “punisch/historisch”. Da musste ich lachen – und lachend kann man gar nicht verkrampft sein. Seitdem sage ich mir oft (in meinen Gedanken): Ja, ja, da wird einer mal wieder punisch historisch… Bei mir wirkt es!

Bei Ohnmacht (oft gepaart mit unwichtigen Ersatzaktivitäten)

Wenn du nichts tust: Steh auf, zieh dich an, geh raus. Erst spazieren, dann packst du Schritte Nr. 3 und Nr. 4 an.

Bei Ersatzaktivitäten (Spiele, putzen, telefonieren, dem Erfindungsreichtum sind keine Grenzen gesetzt…): Sobald dir auffällt, was du gerade tust: Aufhören! Sofort! Mitten im Spiel/der sonstigen Aktivität! Wenn du das partout nicht hinkriegst: Gib dir (nur!) für diesen einen restlichen Tag (und bis maximal 21.00) Erlaubnis, weiterzumachen. Aber dann ist Schluss! Sollten dich Spiele ablenken: Löschen! Am folgenden Tag stehst du auf, machst einen Spaziergang oder sonstigen Sport und dann geht es ran an Nr. 3 und Nr. 4

Schritt 3: Mach eine Mini-Bestandsaufnahme

Geh wie in Nr. 2 beschrieben an einen Ort, den du nicht mit den unerledigten Aufgaben verbindest. Schreib auf, was alles getan werden muss. Vielleicht kaufst du dir hierfür ein hübsches Notizbuch, vielleicht nimmst du ein separates Blatt Papier, das du dann an den Kühlschrank heftest, mach, wie es dir am besten gefällt: Aber schreib per Hand! du kannst später alles in eine elektronische Datei eintragen, wenn du willst. Aber im ersten Schritt schreib konventionell auf Papier. Mit einem Stift, der angenehm liegt in der Hand (ich liebe Stifte mit Gelmine).

Die Bestandsaufnahme muss nicht vollständig sein. Mach nicht den Fehler, sie zur Ersatzbeschäftigung zu machen! Schreib nur auf, was dir spontan einfällt. Mehr als eine halbe Stunde sollte dies nicht dauern. Es geht nicht um Vollständigkeit, schon gar nicht um Gewichtung. Es geht darum, anzupacken. Auch – und gerade – in einer unübersichtlichen Ausgangslage.

Schritt 4:  Mach einen (eher pessimistischen, aber ergebnisorientierten) Plan für einen begrenzten Zeitraum

Fang nicht zu groß an, gib dir Zeit. Mach einen Plan (nur) für die nächste Woche. Mach nicht den Fehler, davon auszugehen, dass du über Nacht zur Erledigungsmaschine wirst, mach einen Plan, in dem du dir nur 80% von dem, was du für machbar hältst, vornimmst. Wenn du “wichtige” Dinge einplanst, sehr gut. Wenn du nur “dringende” oder “sonstige” (bald näher hierzu im Blog) einplanst, auch in Ordnung!

Wichtig ist: Nimm dir konkrete, messbare, Aufgaben vor. Je konkreter, desto besser. Z.B. kannst du entscheiden, am Montag die Saldierungsproblematik im Bereicherungsrecht abschließend zu erforschen (wenn du mit dem Lernen schon soweit bist). Brich dieses Ziel noch einmal in kleinere Schritte, je nachdem, wie weit du schon bist. Musst du noch Karteikarten erstellen? Eine konkrete Stelle nachlesen? Mach‘ dir eine Vorstellung davon, welche konkreten Schritte du machen willst, damit du auch am Montagmorgen direkt loslegen kannst. Aber auch hier gilt: Verlier dich nicht in der Planung! Im Laufe der Zeit wirst du ein immer besseres Gefühl dafür entwickeln, wie du am besten planst.

Fürs erste mach es nur etwas konkreter als „ich werde eine Woche lang x Stunden lang lernen“.

Schritt 5. Fang an! 

Jetzt! Auch ohne perfekten Plan!  Es geht nur um eine Woche! Plane spätestens nach einer Stunde eine Pause von 5-10 Minuten ein. Nach drei Stunden Arbeit brauchst du eine längere Pause, 30-45 Minuten sind optimal. Je konkreter dein Plan war/ist, desto einfacher dürfte es dir fallen, ihn zu implementieren – denn du musst nicht mehr ständig nachdenken, was du jetzt tun solltest und ob du das richtige tust.

Schritt 6. Genieße am Ende der Woche Deinen Erfolg!

Zelebrier ihn! Schaue zurück auf die Woche, beglückwünsche dich, spüre das schöne Gefühl, das du dabeihast. Nur noch ein kleiner Schritt, bevor du ins wohlverdiente Wochenende gehst: Kehre zurück zu Schritt Nr. 2, mach einen weiteren Plan für nächste Woche. Und dann für noch eine. Und noch eine. Sobald das zuversichtlich klappt, gehst du an die “große” Planung. Da werden wir mit Prioritäten, wichtigen und dringenden Aufgaben arbeiten. Das ist dann die Kür. Noch sind wir bei der Pflicht. Die ist am schwersten, ab jetzt wird es immer angenehmer werden und immer mehr Spaß machen – ich verspreche es dir!

Schritt 7. Vielleicht fällt Nr. 6 bei dir (diesmal) aus, dann beginnst du erneut bei Nr. 1

Das ist nicht schlimm! Du kannst schon mit einer Sache zufrieden sein: Du bist das Problem angegangen und du hast etwas getan. Es hat (noch!) nicht gereicht, aber du hast es versucht! Und das ist schon mehr als davor. Beglückwünsche dich hierzu, überleg, was und warum schiefgegangen ist. Justiere den Plan nach. Mach ihn noch etwas konkreter. Auf ein Neues!

Hast Du noch Fragen oder Anregungen? Dann hinterlass mir einen Kommentar oder schreib mich an!