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Was bedeutet eine nicht bestandene Klausur für dich?

von Feb 25, 2022Mindset

Du bist durchgefallen…

Wie geht es dir jetzt? Vermutlich bescheiden. Es ist aber nicht die Tatsache, die die unangenehmen Gefühle hervorruft, sondern die Bedeutung, die du ihr gibst. Unser menschliches Hirn ist so gepolt, dass es automatisch labels wie „Niederlage“, „Versagen“ u.ä. gibt. Ganz besonders grausam wird es, wenn du denkst, die Tatsache könnte prägend für dich als Person, sein.

Wenn derartige Gedanken und Gefühle in dir entstehen, dann machst du nichts falsch, es ist menschlich und fast universell verbreitet. Die gute Nachricht: Es ist möglich, es nicht dabei zu belassen, sogar das Blatt voll umzudrehen.

Transkript

Bitte beachte, dass dieses Transkript maschinell erstellt wurde.

Einen wunderschönen guten Morgen! Die heutige Podcast-Folge wird vielleicht nicht so ganz angenehm sich anfühlen für Dich, denn ich möchte Dich dazu einladen, Dir die Frage zu stellen, was es für Dich bedeutet, wenn Du in einer Klausur durchgefallen bist oder wenn Du schlechte Noten erzielst.

Ich bin Panajota Lakkis, ehemalige Universitätsprofessorin und passionierte Juristin.

Diese Frage löst bei den meisten von uns eine regelrechte Kaskade von negativ geladenen Begriffen. Uns kommt in den Sinn, Niederlage, Versagen, nicht genug sein und wenn wir Pech haben, sogar noch viel gehässigere Labels, die wir uns selbst sagen oder geben, nicht nur, es war eine Niederlage, sondern ich bin eine Versagerin, ich hab’s nicht drauf, ich bin nicht klug genug, ich bin nicht in der Lage und so weiter und so fort. Und das ist ein Thema, das ist derart groß, da will ich auch nicht den Anschein machen, es hier abschließend ansprechen zu wollen.

Ich möchte Dir nur ein paar Denkanstöße geben und insbesondere möchte ich Deinen Blick dazu schärfen, dass nicht die nicht bestandene Klausur als solche das Problem ist, sondern was man ihr für eine Bedeutung gibt und insbesondere wird es dann problematisch, wenn diese Bedeutung eine ist, die mit dem eigenen Ich zu tun hat. Dass man sich quasi selbst in eine Schublade legt. Und das Wichtigste schon mal vorab, wenn Du ähnlich vorgehst, dann machst Du wiederum nichts falsch in dem Sinne, als dass Du selbst irgendwie defekt wärst oder irgendwas, sondern Glückwunsch, Du bist ein menschliches Wesen mit einem funktionierenden Gehirn, das leider Gottes aus evolutionären Gründen oder was auch immer, da gibt es viele Deutungen, die meisten von uns in eine Richtung steuern, die für unsere heutigen Lebensverhältnisse nicht zielführend ist.

Aber es ist völlig normal. Das ist schon mal wichtig, denn wir werden jetzt ganz sicherlich nicht darüber reden, wie man negative Gefühle transformieren könnte und das zum Anlass nehmen, noch mehr negative Gefühle zu erzeugen. Das wäre ja wirklich überhaupt nicht zielführend und nicht in meinem Sinne.

Ok, also, das ist aber wichtig, wie gesagt, zum allerersten, es ist normal, so gut wie alle tun es, aber es gibt auch andere Möglichkeiten, das ist die gute Nachricht und die kann man durchaus trainieren und der Verdienst sozusagen dieser Podcast-Folge soll sein, einfach nur die Erkenntnis, dass die Bedeutung, die du einer vermeintlichen Niederlage gibst, also dass es eine Niederlage ist, dass diese Bedeutung wichtig und prägend ist und wenn die dich in eine Richtung führt, die für dich nicht gut ist, heißt es, dass du überlegen kannst, wie du diese Deutung ändern könntest. Das war jetzt reichlich abstrakt, lass es mich mal etwas zielführender, praktischer darstellen. Was wäre, wenn ich dir sagen würde, dass du auf jeden Fall zehnmal durchfallen musst im Studium, damit du später im Examen zum Beispiel nicht durchfällst.

Dann würdest du dich über jedes Durchfallen sogar freuen, wenn du wüsstest, zehnmal muss ich durchfallen und dann kriege ich auf jeden Fall einen Preis quasi, ich gewinne etwas dadurch. Dann würdest du sagen, her damit, ich will so schnell wie möglich durchfallen. Das bedeutet, dass das Durchfallen als solches wertungsfrei ist.

Manchmal, in diesem Beispiel, kann das Durchfallen sogar positiv sein, weil es dich in die Nähe eines Zieles bringt, das du haben willst. Und jetzt wirst du vielleicht denken, naja, alles schön und gut, allerdings ist es nicht so, dass wenn ich zehnmal durchfalle, dass ich dann garantiert habe, dass ich eben im Examen nicht durchfalle und das bedeutet, dein Beispiel war Quatsch. Ja und nein, so automatisch, wie ich es gesagt habe, ist es nicht.

Aber gutes Durchfallen bringt dich trotzdem immer näher einem Ziel, später erfolgreich zu sein. Was ist gutes Durchfallen? Durchfallen ist dann gut, wenn du es als Anlass nimmst zu wachsen.

Wenn du nicht nur es als unabänderliches Fakt ansiehst und daraus eine Prognose für die Zukunft erstellst. Schlechtes Durchfallen wäre, ich bin durchgefallen, das heißt, meine Chancen noch einmal durchzufallen in der nächsten Klausur werden größer sein. Nein, das ist schlechtes Durchfallen.

Gutes Durchfallen ist, ich bin durchgefallen und ich schaue mir jetzt an, warum und wenn ich das erkannt habe, ist die Wahrscheinlichkeit, noch einmal durchzufallen, geringer. Nicht zwingend ausgeschaltet, aber geringer. Und das ist ein riesengroßer Unterschied.

Und ja, so eine Vorgehensweise ist nicht einfach. Insbesondere dann nicht, wenn das Durchfallen kein Ausreißer ist, kein Einzel-Element in einem Element sonst von Erfolgen, dann kannst du das natürlich sagen. Was ist, wenn du ein nach dem anderen Mal durchgefallen bist in der Vergangenheit, das kann man ja nun nicht mehr ändern, so dass du immer verzagter wirst.

Da wird es immer schwieriger, das gebe ich selbstverständlich zu, denn sonst würde ich den Druck erhöhen einfach bei euch, indem ich sagen würde, indirekt, tja, wenn du das nicht positiv, wenn du sozusagen immer nur schlecht durchfällst und nicht gut, dann bist du wiederum durchgefallen in diesem, wie gehe ich um mit Niederlagen. Und das ist auch nicht im Sinne des Erfinders. Es ist schwierig, es kann manchmal so schwierig sein, dass man sogar eine Untersuchung, Unterstützung von außerhalb gut gebrauchen könnte.

Die gute Nachricht ist, sehr viele Universitäten bieten sowas auch an in der Studienberatung. In einigen Fakultäten habe ich schon gesehen, dass es Kooperationen gibt mit Krankenkassen, beziehungsweise umgekehrt, Krankenkassen haben Programme für ihre Mitglieder teilweise, wo man über Blockaden und solche Dinge auch sprechen kann oder an Kursen teilnehmen kann und so weiter und so fort. Das heißt, es gibt durchaus heute, anders als früher, immer mehr unterstützende Möglichkeiten.

Trotzdem ist es so, dass der Zugang nicht für alle gleich ist. Das ist traurig, aber es gibt durchaus, hat auch mit den Lebensumständen zu tun, wenn man wirklich so pechbehaftet ist, dass momentan nicht nur das Studium und die Klausuren das Problem ist, sondern sonst wie viele Baustellen vorhanden sind, dann wird es natürlich immer schwieriger. Und ich möchte auf gar keinen Fall den Anschein erwecken, man müsste nur eine Erleuchtung haben und ab morgen müsste man Tschakka durchs Leben gehen.

Nein, das meine ich nicht. Trotzdem ist es, glaube ich, für alle eine gute Nachricht zu erkennen, dass man nicht machtlos ist und dass man, wenn man es irgendwie hinkriegt, immer wieder mal das Mindset, wie man so schön sagt, zu ändern von einem sogenannten Fixed Mindset, so bin ich halt und so ist es und so wird es weiter auch sein, zu einem sogenannten Growth Mindset, nach dem Motto, ich entwickle mich und ich wachse und manchmal sind das kleine Schritte, aber sie sind möglich und dann gucke ich, ob ich irgendwas ein bisschen verändern kann. Das ist eine gute Nachricht und das ist der erste Schritt.

Wie dann genau der Weg sich abzeichnen wird, das ist in diesen komplexen Dingen eh nicht vorhersehbar. Wer was anderes behauptet und das behaupten viele nach dem Motto, tu diese fünf Dinge oder tu diese eine Sache und dein Leben wird sich ganz verändern. Das mag stimmen, aber eben nur unter gewissen Laborbedingungen oder bzw.

dann frage ich ihn manchmal, ja und wie soll ich das denn jetzt wirklich, diese ganz einfache Sache tun, weil sie mag zwar einfach sein im Sinne von nicht kompliziert, aber nicht einfach im Sinne von sehr, sehr, sehr schwierig zu befolgen. Und trotzdem, wie gesagt, ist das kein Grund zu verzagen, sondern es ist bereits der erste und wichtigste Schritt getan, wenn du insofern diese Podcast-Folge so verstehst, dass du sagst, hm, ich glaube, dass ich, entweder ich bin überzeugt oder lass mich doch nicht drüber nachdenken, ob wirklich die Klausur, dass sie nicht bestanden wurde, als solche nicht ein Problem sein muss, eventuell könnte, sondern zum Problem und negativ wird es nur, wenn ich negativ drüber nachdenke und das auch noch in die Zukunft projiziere, dass es so bleiben muss. Und wie gesagt, das sind Dinge, die ändern sich nicht von heute auf morgen, aber immer wieder, wenn man ein bisschen in diese Richtung sich angewöhnt zu denken und zu agieren, wird das schon in eine gute Richtung gehen und das wünsche ich euch sehr.

Und ich kann euch sagen, dass ich Beispiele habe, zwei ganz konkrete aus meiner Zeit als aktive Universitätsprofessorin. Einmal hatten wir in der mündlichen Prüfung einen Kandidaten, der war im Freischuss durchgefallen, der war im ersten scharfen Versuch durchgefallen und jetzt war seine letzte Möglichkeit und der ist rausgegangen. Ich hatte ihn in der mündlichen Prüfung im Staatsexamen mit einem Vollbefriedigend und ich bin mir sicher, dass er mittlerweile promoviert wurde.

Ich habe ihn aus den Augen verloren, aber ich weiß danach, dass er auf jeden Fall angefangen hatte mit einer Promotion. Und ich hatte damals ihn nach der mündlichen Prüfung angesprochen und ich habe ihn gratuliert natürlich und ich hatte ihn gefragt, wie es denn für ihn so gewesen sei. Zweimal sei es ja nicht gut gegangen und was ihm geholfen hätte, diesen Durchbruch zu geben.

Du merkst auch da meinen Fokus. Ich habe ihn weniger gefragt, warum er durchgefallen war, als wie er es geschafft hat, beim dritten Mal reinzugehen und er hat mir bestätigt, dass es hauptsächlich nicht das reine juristische, ich habe jetzt das gelernt und jetzt ging es, sondern dass es hauptsächlich seine Einstellung war und wie er rangegangen ist, auch an das Lernen. Das ist das eine Beispiel.

Es geht also und das war ein Turnaround ohne Gleichen. Und das zweite Beispiel ist von einer Studentin, die zu mir kam, weil ich damals Simulationen mündlicher Prüfungen angeboten hatte und da hatte sie teilgenommen und da kam sie zu mir in die Sprechstunde und hat gesagt, sie wolle mich mal, ob sie mich was fragen dürfte und hat sich an mich gewandt, weil sie gesagt hat, sie hat im Zivilrecht eine absolute Blockade und hat das Gefühl, dass sie nicht ihr Wissen so aufs Papier bringen kann, dass die entsprechende Note herauskam und dass das sehr frustrierend sei für sie. Und dann habe ich gesagt, okay, bringen Sie mir alle korrigierten Klausuren, die Sie haben mal und wir gehen die mal durch und ich habe mich mal einen Abend mit ihr hingesetzt im Büro und bin mit ihr durchgegangen.

Richtig eigentlich mehr Handwerkliches, wo die Probleme denn aus meiner Sicht sein würden. Und dann habe ich gesagt, ja, viel Erfolg jetzt beim nächsten Mal und es wäre schön, wenn Sie mir Feedback geben würden. Und dann schrieb sie mir später und das hat mir wirklich die Tränen in die Augen gebracht.

Sie schrieb, dass sie berichten wollte, wie es denn jetzt gelaufen sei und sie hätte sich verbessert, um ich glaube sogar zwei ganze Punkte, nicht nur zwei Punkte, sondern zwei Notensprünge. Moment, das überprüfe ich gleich, weil da sollte ich nichts Falsches sagen. Moment.

So, ich habe es jetzt gefunden. Es war eine Notenstufe. Ich lese es jetzt mal wirklich verbatim vor, was sie mir geschrieben hatte.

Sehr geehrte Frau Lackis, vielleicht erinnern Sie sich an mich. Ich habe mich im Rahmen meiner Vorbereitung zur Notenverbesserung im Examenstermin 2009-02 vertrauensvoll an Sie gewandt, insbesondere wegen meiner Blockade im Zivilrecht. Sie baten mich, Sie über den Ausgang zu informieren.

Ich darf Ihnen freudig mitteilen, dass ich die drei Zivilrechtsklausuren mit 7, 12 und 8 Notenpunkten bestanden habe und mich im Endergebnis um eine ganze Notenstufe verbessern konnte. Ich möchte mich nochmals herzlich für Ihre mentale Hilfe bedanken und konnte es dank Ihnen mir selbst beweisen, dass ich durchaus fähig bin, eine gute Zivilrechtsklausur abzugeben. Das ist an zwei Punkten sehr wichtig für euch.

Denn was sagt sie? Die mentale Hilfe war das Hauptthema. Und zweitens, indirekt sagt sie, was das alles für eine Bedeutung hatte.

Es ging darum, sich selbst zu beweisen, dass sie eine gute Zivilrechtsklausur schreiben konnte. Davor hatte sie nämlich den Irrglauben, sie ist nicht fähig, eine gute Zivilrechtsklausur abzugeben. Und das möchte ich, dass ihr hier behalten solltet.

Dass es nicht immer darum geht. Natürlich brauchst du juristische Kenntnisse. Aber manchmal kann es sein, dass selbst diese nicht ausreichen.

Manchmal ist das erste Problem, dass man meint, man sei nicht fähig, eine gute Klausur zu schreiben. Weil bisher die Noten so waren. Also erstes Problem, die Bedeutung ist, ich bin nicht in der Lage, eine gute Zivilrechtsklausur zu schreiben.

Und wie kommt man daraus? Es ist eine mentale Geschichte. Und das war wirklich eine Frage ein bisschen des Handwerklichen.

Aber hauptsächlich, ihr Blick hat sich geändert. Und das war dann der Durchbruch. Mit anderen Worten, es lohnt sich wirklich in diese Richtung zu gehen.

Aber diese zwei Beispiele waren natürlich außergewöhnliche Beispiele. Und das wäre völlig kontraproduktiv, wenn die umgekehrt würden in ihrer Wirkung. Dass du dir sagst, wenn ich nicht einen derartigen Turnaround schaffe, dann ist bei mir irgendwas nicht richtig.

Nein, das sind zwei Fälle gewesen, die man hauptsächlich eigentlich unterbringen könnte unter Revolution, im Sinne von Sprung von jetzt auf 100. Evolution ist aber auf jeden Fall möglich. Sie dauert vielleicht auch länger, aber so ist es nun mal.

Menschen sind unterschiedlich, Situationen sind unterschiedlich. Hauptsache, wir gehen halbwegs reflektiert durch das Leben und das Studium. Und Hauptsache, wir erkennen in dem Moment, wo uns der sehr menschliche und nachvollziehbare Impuls kommt, bei einer schlechten Note direkt das Kopfkino mehrere Stufen weiter zu spulen bis zu einer Ich-Botschaft und zu einer Prognose für die Zukunft.

Wenn man das mal stoppt und sich sagt, okay, ich tue jetzt nicht so, als würde ich mich darüber freuen, lieber wäre mir ein anderes Ergebnis, aber lass mich doch mal schauen, was hier schiefgegangen ist, so dass ich es in Zukunft nicht noch einmal wiederhole. Noch einmal wiederhole ist ein Plönismus und damit merke ich, es ist Zeit, diese Podcast-Folge zu stoppen. In diesem Sinne, bis nächste Woche, danke fürs Zuhören.

Dr. iur. habil. Panajota Lakkis

Ehemalige Universitätsprofessorin & Prüferin. Ergo weiß ich genau, was du brauchst in deinem Jurastudium. In meinen Kursen lernst du, Jura zu verstehen. Im Podcast (Standorte im Player) und auch auf YouTube kannst du nach Lust und Laune stöbern. Du kannst auch mehr über mich erfahren. Oder ab und zu eine Mail mit juristischen und jurafreien Goodies erhalten.

Mein aktuelles Motto: Was wäre, wenn?

Meine Überzeugung: Jura macht ab dem Moment Freude macht, in dem du die Zusammenhänge verstehst.

Vielleicht kann ich dir helfen, (wieder) Freude an Jura zu finden?