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Juristische Korrekturanmerkungen verstehen

Jun 24, 2022Prüfungshandwerk

Korrekturanmerkungen – das unverstandene Phänomen?

Korrekturanmerkungen werden oft als frustrierend und demotivierend wahrgenommen und sie verfehlen damit ihren eigentlichen Zweck. In dieser Episode erkläre ich, warum das so ist und welche Möglichkeiten sich daraus für dich ergeben.

Transkript

Bitte beachte, dass dieses Transkript maschinell erstellt wurde.

Einen wunderschönen guten Morgen! In dieser Folge spreche ich über Korrekturanmerkungen. Das Problem kennst du, oft werden diese als frustrierend und eventuell sogar demotivierend wahrgenommen und dann verfehlen sie ihren eigentlichen Zweck.

In dieser Episode will ich versuchen dir zu erklären, warum das so ist und welche Möglichkeiten sich aus dieser Erkenntnis für dich ergeben.

Die Ausgangslage kennt jeder und jede, der Jura studiert hat oder aktuell studiert.

Irgendwann, die Frage ist, wie oft, kriegen wir Klausuren zurück, wo die Note nicht dem entspricht, was wir erwartet hatten, und zwar nach unten. Nach oben gibt es das übrigens auch, aber daraus machen wir nie ein Problem. Da denken wir nicht drüber nach was und wie, da denken wir klasse, hab ich verdient, bestimmt, oder ist mehr als ich dachte, aber gerne.

Umgekehrt ist es aber natürlich und ganz verständlich, wenn die Note geringer ist, dann guckt man sich die Korrekturanmerkungen mit Argus-Augen an, aber gleichzeitig eben nicht wirklich sorgfältig, sondern man überfliegt sie eher und bleibt hängen bei dem Eindruck, der entsteht, oft bei einzelnen Punkten und insbesondere bei solchen Punkten, die man als ungerecht empfindet oder als übertrieben, wo man das Gefühl hat, es wird rumgemeckert bzw. die Arbeit wird nicht hinreichend gewürdigt. Warum entsteht diese Situation?

Sie entsteht nicht, weil die Prüfer innen irgendwie aus sind, euch zu kriegen oder sich selbst zu verwirklichen durch viele Kritikpunkte. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, je besser eine Klausur, desto leichter die Korrektur und je schlechter die Klausur, desto mehr Mühe macht das, auch diese einzelnen Punkte aufzuzeigen. Das heißt, es geht nicht darum, dass jemand negativ gepolt ist.

Ich will damit nicht sagen, dass es das nicht gibt. Das sind die sogenannten Ausreißer. Die kennen wir aus der Produzenten-Unterhaftung und diese bestätigen die Regel.

Die Regel ist, dass die KorrektorInnen nicht irgendwie auf einem Feldzug unterwegs sind, euch zu kriegen und schon gar nicht euch zu demotivieren. Warum passiert das aber trotzdem immer wieder? Das liegt bereits in der Konzeption und sichtbar durch das Wort bereits Korrektur.

Wenn du reinschaust in den Duden, die Definition Korrektur, ist folgendes zu finden. 1a Verbesserung, Berichtigung, Richtigstellung. 1b Korrekturfahne.

2 in Klammern Veränderung. Korrekturfahne ist aus dem Verlagswesen, das lassen wir mal außen vor. 2 Veränderung ist in Klammern, das heißt, die Hauptdefinition ist Verbesserung, Berichtigung, Richtigstellung.

Mit anderen Worten, finde den Fehler. Und das, was wir tun, ist aber keine Korrektur genau genommen, sondern Feedback. Denn die Anordnung zum Beispiel der an die KorrektorInnen im Staatsexamen von Justizprüfungsämtern ist, nicht nur die negativen Punkte hervorzuheben, sondern auch die positiven.

Alles, was die Arbeit ausmacht und prägend ist für die Benotung und zwar nicht wie früher mit dem Satz eine Arbeit mit Höhen und Tiefen, sondern möglichst spezifisch. Und das ist auch prüfungsrechtlich die Vorgabe und in einigen auch Prüfungsordnungen innerhalb der Uni so festgehalten. Ein wesentlicher Teil, aber eben nur ein Teil des Feedbacks ist also die Korrektur im Sinne der Verbesserung, der Berichtigung, der Richtigstellung des Finde den Fehlers.

Warum ist das jetzt allerdings das, was wir auch in den Begriff dann nehmen und das, was auch dann de facto passiert? Das liegt daran, dass der Sinn und Zweck dieser Korrektur, dieses Feedbacks, insbesondere innerhalb des Studiums, ja ist, dass man wächst daran, dass man daraus lernt. Und selbst im Examen, wo man am ehesten sagen könnte, das ist in dem Sinne eine Prüfung, dass ich deine Fehler suchen finden will.

Auch da kann es ja sein, dass du wiederholst oder auch für später daraus lernst. Also immer geht es darum, dass man dadurch, dass man nachvollzieht, was die Korrektur innen zugrunde gelegt haben, um diese Note zu rechtfertigen, dass man daran wachsen kann. Und wachsen tust du natürlich rein rational und kühl und emotionslos betrachtet.

Nicht, wenn ich dir sage, was du alles bereits kannst, sondern wenn ich dir aufzeige, was noch nicht gut ist. Denn nur dann kannst du es korrigieren, es verändern. Ich erinnere an die Definition in Klammern im Duden, Veränderung.

Und nur dann, wenn ich dir zeige, was nicht gut ist, kannst du darin besser werden. Das Problem ist allerdings, dass dadurch manchmal ein falscher Eindruck entstehen kann bei demjenigen, der dieses Feedback erhält, das eben nicht umfassend ist, wie es idealerweise sein sollte. Und das kann dann frustrierend sein.

Und wenn man Pech hat, sogar jemanden so demotivieren, dass er sogar aufgibt. Und da kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Ich hatte in meiner Zeit, als ich mich habilitiert hatte, meinem Betreuer einen Entwurf meiner Arbeit mal vorgelegt und wartete ganz gespannt auf sein Feedback.

Und ich kriegte die Arbeit zurück und auf jeder Seite war gekritzelt, auf jeder einzelnen Seite. Punkte, Pünktchen, kleinste Dinge. Und ich hab für mich, war das erst mal so furchtbar.

Ich hab erstens gedacht, die Menge hat mich erschlagen, erstens. Zweitens hab ich mir gedacht, wenn auch diese Dinge, wo ich dachte, darauf kommt es nicht an, wenn auch da rum gekritzelt wird, heißt das, ich hab auch nicht ein gutes Gefühl dafür, was denn wichtig ist und was nicht. Und nie werde ich diese Details alle berücksichtigen können.

Das heißt, es gibt quasi überspitzt gesagt für mich keine Zukunft. Und das andere war, wenn nur Negatives da drin steht, heißt das, das ist alles negativ. Und ich hab damals sogar den Schluss gezogen, okay, dann bin ich offensichtlich nicht geeignet, mich zu habilitieren.

Und ich bin sehr froh, dass ich irgendwann so mürbe war, dass ich ihn anrief und sagte, ich möchte, ich glaube, ich sollte jetzt das Projekt aufgeben. Und da hat er wirklich, das hat er zwar nicht gesehen, aber durch den Telefonhörer gehört, da hat er geguckt wie Auto, sagt er, wieso das denn? Und in Summton, wieso das denn?

Und dann hab ich gesagt, ja, wenn das alles doch so schlecht ist, was ergibt es denn Sinn weiterzumachen? Und nee, sagt er, ganz entsetzt, das ist doch alles gar nicht so schlecht, das ist im Gegenteil sehr gut, das ist so gut, dass ich das perfekt machen will. Und ich hab gedacht, nee, oder?

Dieser einer Satz, der hätte so einen riesigen Unterschied gemacht, dass man, wenn ich mal gehört hätte, richtig gut und jetzt lass uns das mal wirklich perfekt machen. Und da habe ich dann wirklich, ja, ich hab dann weitergemacht, ich hab mich ja habilitiert, du hast es mitgekriegt. Und aus dieser Erfahrung habe ich mir tatsächlich sogar vorgenommen, dass diesen Fehler nicht zu wiederholen und dreimal darfst du raten, das gelingt mir nicht immer, weil auch ich dann gut gemeint dann aufzeigen will, was alles besser werden kann und damit oft dann den anderen doch erschlage und nicht immer, manchmal ja, aber nicht immer daran denke, halt vorher das in ein Verhältnis zu setzen und schon gar nicht geht das, wenn man schriftlich eine Korrektur erstellt.

Trotzdem kannst du als Faustregel davon ausgehen, dass je mehr Einzelheiten aufgezählt wurden, desto mehr Mühe hat sich der Korrektor oder die Korrektorin gegeben und zwar genau damit du daraus lernst und nicht um dich fertig zu machen. Wenn man das wollte, da gibt es subtilere Formulierungen, da brauchst du dir nicht diese Mühe zu machen aufzuzeigen. Je minutiöser und je mehr Einzelheiten, desto mehr ist der Fokus der Korrektur wirklich daran ein Feedback zu sein, an dem du wächst und dann solltest du immer beachten, dass alle Dinge, die aufgeführt wurden, nicht gleichwertig in die Benotung einfließen.

Das ist nun mal auch das Problem der wertenden Korrektur in Jura. Jura ist keine exakte, sondern eine wertende Wissenschaft und damit ist das Feedback dasselbe. Wir können nicht sagen, es gibt 20 Punkte in einem Prüfungsschema und wenn einer davon fehlt, dann kriegst du ein Zwanzigstel des Punktes weniger.

Okidoki, schauen wir uns mal an, was wir jetzt mitnehmen können für uns für die Zukunft. Mein erster Vorschlag wäre für dich, dass du so früh im Prozess wie möglich dich an das erinnert, was wir heute besprochen haben, nämlich dass es quasi in der Natur der Korrektur liegt, dass mehr Gewicht augenscheinlich die negativen Punkte haben als das Positive. Und wenn man das weiß, dann braucht man nicht in die Falle zu tappen, dem noch eine zusätzliche Bedeutung zu geben.

Und als nächsten Schritt zieht man sich eine bessere Brille als die, die man bisher hatte, an und liest das Votum mit Beachtung folgender Punkte. Erstens beachtet man, dass mengenmäßig immer mehr stehen wird zu den Kritikpunkten als zu dem, was gut war. Warum?

Weil das, was gut war, erstens sehr oft zusammengefasst wird und zweitens, weil man da ein geringeres Bedürfnis sieht, weil eben man wächst an den Veränderungen. Und positives braucht ja nicht verändert zu werden. Man braucht es nur beizubehalten.

Okay, also mengenmäßig wird immer mehr Negatives sein, ohne dass das bedeutet, dass jemand an dir rummeckert. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Je mehr detaillierte Kritikpunkte du findest, desto mehr kannst du davon ausgehen, dass dir die KorrektorInnen was Gutes tun wollen, indem sie dir sämtliche Punkte aufzeigen, an denen du wachsen kannst für die Zukunft.

Insbesondere wenn viele Punkte vermerkt sind, beachte bitte auch, dass die nicht linear gleichwertig in die Endnote einfließen. Und was schließen wir jetzt daraus? Wenn das so ist, wird es umso wichtiger, zu beachten, die Zusammenfassung der KorrektorInnen entweder am Anfang des Votums oder am Ende oder beides.

Wie das gegliedert wird, ist unterschiedlich. Einige schreiben so urteilsmäßig den Tenor schon vornherein und die Hauptbegründung und andere ganz am Ende. Aber irgendwo wirst du das finden und für den Stand, wo bin ich, sagt dir das mehr als die Einzelpunkte.

Die Einzelpunkte bringen dir aber mehr im Hinblick auf ganz konkrete Dinge, die du eben verändern kannst. Ich erinnere an die Definition im Duden mit der Veränderung. Okay, und damit du besser gepolt auch reingehst, würde ich dir empfehlen, nicht zu überfliegen das Positive und dich direkt zu verbeißen im Negativen, sondern das Positive eventuell sogar zuerst zu beachten.

Entweder das, was im Votum drin steht oder aber die Häkchen, die gemacht wurden in deiner Ausarbeitung. Einige malen da ja ziemlich viel rum oder schreiben auch nicht nur Häkchen, sondern schreiben auch gut oder was weiß ich rein. Andere weniger.

Suche auf jeden Fall, wo das Positive ist. Und bevor du zu sehr emotional dich in die Enge gedrängt fühlst, guck dir auch das noch einmal an. Und natürlich immer sinnvoll auch an meinem Beispiel damals mit meiner Habil gezeigt.

Wenn nötig oder auch sinnvoll und möglich, dann frag doch noch einmal nach. Frag nach, wie kann ich das denn jetzt verstehen? Habe ich das richtig verstanden?

Das und natürlich, wenn das ein formales Verfahren ist, kannst du ja immer auch remonstrieren. So ist das ja nicht. Okay, ich hoffe, das war hilfreich für dich.

Das ist etwas, ich habe es vorhin schon gesagt, glaube ich, wenn nicht, dann sage ich es jetzt zum ersten Mal. Das Problem ist allgemein, das ist im Feedback insgesamt, im ganzen Leben, da geht es nicht nur um Korrekturen. Wir denken nicht immer daran, den anderen auch zu motivieren oder motivieren zu müssen.

Das Positive, das vergessen wir oft. Das Negative, das vergessen wir selten. Das wird berichtet, das wird aufgezeigt und das ist auch etwas bei Korrekturen.

Aber da ist noch mehr überlagert. Diese Punkte, die sind sogar und selbst wenn du mal jemanden, der an dir rummeckert, erwischt und das aus negativen Fokus macht, auch da kannst du den Spieß umdrehen und dir denken, da kann ich aber echt dankbar sein. Denn wenn der alles aufgespießt hat, was jemand aufspießen könnte, dann ist das ja eine Qualitätssicherung ohne Ende.

Wer macht sich denn solche Mühe? Dann kann dir der Antrieb vom anderen egal sein. Trotzdem, ich weiß, es ist nicht einfach und erst mal schluckt man.

Jeder hört lieber, toll hast du das gemacht. Jeder. Wenn einem einer sagt, das war nicht richtig und das war nicht richtig und das war unverständlich, da muss man erst mal schlucken.

Das ist völlig klar. Geht mir auch nicht anders. Okay, trotzdem beziehungsweise gerade deswegen hoffe ich, dass das jetzt für dich hilfreich war und sage bis nächste Woche.

Bis nächste Woche schätze ich mal.

Das Setting/Problem (ab Min. 0:00)

Die Klausuren werden zurückgegeben, Du schaust auf die Note, überfliegst die Korrekturanmerkung, dein Blutdruck schießt direkt hoch.

Oft hast du das Gefühl, dass an dir „rumgemeckert“ wird und du bzw. deine Arbeit nicht hinreichend gewürdigt wurden. Diese Situation kennen ALLE Jura-Studierenden – nur die Häufigkeit variiert.

Verstehen, worum es geht (ab ca. Min. 1:01)

Definition „Korrektur“ im Duden:

Substantiv, feminin – 1a. Verbesserung; Berichtigung; Richtigstellung; 1b. Korrekturfahne; 2. [Veränderung]

Die Polung liegt also auf „finde den Fehler“.

In Wahrheit (und prüfungsrechtlich) ist es aber keine „Korrektur“, sondern „Feedback“: Auch die positiven Aspekte sind zu erwähnen.

Warum überwiegen dann die „negativen“ Kommentare?

Es gibt dazu einen guten (und positiven) Grund: Du sollst daraus lernen und daran wachsen. Und da sind nun einmal die Kritikpunkte wichtiger.

Das Problem: Wenn dadurch die Adressaten demotiviert werden. Ich weiß, wovon ich spreche und ich spreche davon im Podcast…

Handlungsoptionen (ab ca. Min. 12:20)

Was jetzt tun mit diesen Erkenntnissen? Korrekturanmerkungen ab jetzt mit der richtigen Brille lesen und folgendes beachten:

  • Mengenmäßig werden IMMER mehr „negative“ Dinge vermerkt sein – denn an ihnen wirst du wachsen.
  • Je mehr Detailkritik angebracht wurde, desto besser für dich – damit hast du konkrete Punkte, die du in Angriff nehmen kannst
  • Nicht jeder Punkt für sich allein trägt das Ergebnis – es ist eine Gesamtschau. Beachte also stärker die zusammenfassende Aussage als die einzelnen Punkte.
  • Beachte ganz bewusst die positiven Anmerkungen oder die „Häkchen“.

Und wenn du immer noch Fragen offen hast? Frag nach, wo möglich – und natürlich kannst du auch immer remonstrieren.

Ich hoffe, du kannst jetzt Korrekturanmerkungen etwas besser verstehen!

Dr. iur. habil. Panajota Lakkis

Ehemalige Universitätsprofessorin & Prüferin. Ergo weiß ich genau, was du brauchst in deinem Jurastudium. In meinen Kursen lernst du, Jura zu verstehen. Im Podcast (Standorte im Player) und auch auf YouTube kannst du nach Lust und Laune stöbern. Du kannst auch mehr über mich erfahren. Oder ab und zu eine Mail mit juristischen und jurafreien Goodies erhalten.

Mein aktuelles Motto: Was wäre, wenn?

Meine Überzeugung: Jura macht ab dem Moment Freude macht, in dem du die Zusammenhänge verstehst.

Vielleicht kann ich dir helfen, (wieder) Freude an Jura zu finden?