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Blamiere dich!

von Mai 27, 2022Mindset

Naja, eher „exponiere dich!“

Hast du Angst, dich in der Vorlesung zu melden und vielleicht gar eine falsche Antwort zu geben? Das wird sich in der mündlichen Prüfung nicht besser anfühlen.
Die gute Nachricht: Das kann man üben!
Die wichtigste Aussage aus der Podcastfolge verrate ich hier: Der Titel hätte eigentlich „exponiere dich“ heißen sollen – oder ist das gar nur eine andere Sichtweise?
Hör doch mal rein und lass dich inspirieren, mutiger zu sein.
Transkript

Bitte beachte, dass dieses Transkript maschinell erstellt wurde.

Einen wunderschönen guten Morgen! Heute ein bisschen provokativ der Titel mit der Aufforderung, dich zu blamieren. Aber da ist wirklich was dran.

Und da denke ich gar nicht an das Sprichwort, ist der Ruf einmal ruiniert, lebt es sich weiter ungeniert.

Denn das will ich nicht, dass du deinen Ruf ruinierst. Aber umgekehrt, wenn du einmal gemerkt hast, dass die vermeintliche Blamage längst keine Blamage war, oder aber, dass die auch nicht schlimm war und dass die eben deinen Ruf gar nicht ruiniert hat, ab dem Zeitpunkt wirst du immer mutiger. Und das ist ganz, ganz wichtig in der mündlichen Prüfung, wo du wirklich dem Impuls widerstehen musst, dich nicht zu exponieren.

Beim schriftlichen kannst du überlegen, kannst du machen, aber beim mündlichen, da stehst du. Und du musst irgendwas sagen und das kann unter Umständen auch falsch sein. Und jetzt ist die Frage, wie sehr lähmt dich diese Angst, etwas Falsches zu sagen?

Und das kann man üben. Und wie übt man das? Indem man eben sich dort immer wieder mal exponiert, mit der Folge, dass man sich unter Umständen auch vermeintlich blamiert, so dass man immer mutiger wird und gleichzeitig auch immer besser umgehen kann mit einer falschen Antwort, indem man dann in der Folge trotzdem performen kann oder vielleicht sie sogar auch retten kann.

Und was bedeutet das? Das bedeutet üben, üben, üben. Die aller, aller einfachste Art und das erste Baby-Step quasi ist in der Lerngruppe.

Da auch dann etwas zu beantworten in der Gruppendiskussion, wenn du es nicht weißt. Statt zu sagen, ich weiß es nicht, dann sagst du, ich weiß es zwar nicht, beziehungsweise du musst es gar nicht sagen, aber vielleicht sagst du es, damit man da weiß, wie, von wo du kommst quasi. Ich weiß es zwar nicht, aber ich versuche es mir zusammenzulegen.

Und dann egal wie sehr du schwitzt, am Anfang wird es nach hinten losgehen und am Anfang wirst du Quatsch erzählen. Aber mit jedem Mal weniger. Und am besten auch ohne Vorwarnung, natürlich nicht vorbereitet, sondern ohne Vorwarnung.

Und das übe ich manchmal auch mit den Studierenden im Examensvorbereitungskurs, diesen Crashkurs, wo wir als kleines Auditorium da sind, wo ich von Anfang an sage, dass das ein geschützter Bereich ist und da oft, wenn mich dann jemand etwas fragt, dann drehe ich den Spieß um und sage, das können Sie mir beantworten. Und am Anfang dann mal, hä, wenn ich das könnte, dann würde ich dich doch nicht fragen. Und dann sage ich, komm, ich nehme Sie an die Hand und wir tasten uns gemeinsam voran.

Auch das ist eine Art, jemanden dann sanft in dem Sinne zu zwingen, sich zu exponieren und damit er oder sie auch merkt, dass die Aufforderung eigentlich eine falsche war. Es heißt nicht blamiere dich, sondern exponiere dich. Und dann merkst du, dass eine Exponierung genau genommen selten eine Blamage ist und selbst wenn.

Okay, so what? Dann denkt man sich mal, naja, gut, das war gestern jetzt aber eine nicht so tolle Leistung. Wie kann ich nächstes Mal das besser machen?

Wie kannst du das selber üben? Du kannst das selber umgekehrt üben, indem du teilnimmst in den Vorlesungen oder in deinem Repp und einfach mal, wenn was gefragt wird, auch einen Beitrag bringst, auch dann, wenn du der Ansicht bist, dass du das nicht weißt. Du kannst sogar eine Challenge draus machen, wenn du willst, dass du dir sagst, in jeder Einheit werde ich mich einmal melden, ob ich es weiß oder nicht.

Oder je nachdem, wo dein Problem ist, wenn du bereits Schwierigkeiten hast, zu sprechen vor anderen und sogar etwas zu fragen, dann, dass du dir sagst, jedes Mal werde ich etwas fragen. Und eiderdaus, es dauert nicht mehr lange, dann klopft dir nicht mehr das Herz im Hals in dem Moment, wo du die Hand gehoben hast und bevor der Dozent oder die Dozentin dich aufruft. Und wenn du nicht das so gern tun wolltest in der Uni, wo du dir sagst, naja, ich möchte jetzt nicht dem Professor oder der Professorin über den Weg laufen und ich habe mal eine dumme Frage gestellt, obwohl das Quatsch ist, sowas merken wir uns nicht, das wäre ja noch schöner.

Uns freut jeder, der Beiträge bringt und selbst wenn du mal eine Frage stellst, die nicht so ganz klug war, tun wir selber immer wieder, so what halt. Aber wenn du das nicht willst, dann machst du es halt in der Lerngruppe oder vielleicht im Reb halt oder wo auch immer. Und lerne einfach, dich zu exponieren und in zweiter Stufe lerne, dich zu blamieren wirklich.

Also lerne immer, was heißt lerne, übe, nicht lerne, übe immer wieder mal, auch dann zu antworten, wenn du weißt, du wirst das jetzt tatsächlich, du wirst die Sache vergeigen und schau mal dann, was passiert. Und in den meisten Fällen wirst du auch jetzt nicht irgendwie zurechtgewiesen und selbst wenn, dann wirst du auch damit lernen umzugehen und auch das wird im Leben passieren. Wenn jedes Mal, wenn jemand unangemessen doof reagiert, weil wir einen Fehler gemacht haben, wir deswegen nie wieder was tun würden, so eine Macht willst du doch niemanden geben.

Und das gilt auch für Jura. Mit anderen Worten, exponiere dich schriftlich, indem du zum Beispiel auch Übungsklausuren mitschreibst im Klausurenkurs, ohne Hilfsmittel, mit reellen Bedingungen und auch dann, wenn du dir denkst, oha, das hier wird ein Blutbad. Du setzt dich aber die fünf Stunden hin und tust es, auf die Gefahr hin, dass du danach null Punkte im schlimmsten Fall, das ist selten, aber ein, zwei oder drei Punkte kriegst.

Okay, aber dann halt aufstehen, Körnchen zurechtdrücken, überlegen warum du vorhin es so vergeigt hast und wieder ran. Und beim nächsten Mal wieder ran und wieder ran. Und im mündlichen halt, machst du da, wie gesagt, dann sagst du einmal was Falsches oder dann hast du einmal gefragt und dabei gestammelt.

Beim nächsten Mal fragst du souveräner oder vielleicht beim übernächsten Mal und noch einmal und noch einmal. Und irgendeines Tages kommst du dann in die mündliche Prüfung oder auch in sonstige Situationen in deinem Leben und dann kannst du performen. Mich hat diese Souveränität früher gerettet.

Ich hatte mich insofern exponiert, als ich in Griechenland, gab es die Möglichkeit dafür zu optieren, auf dich mündlich zu prüfen. Und die meisten wollten das nicht, weil die da Stress hatten. Ich bin immer rein.

Das heißt, ich war das gewohnt. Und irgendwann dann für das zweite Staatsexamen im mündlichen wurde ich was gefragt und ich habe was Falsches geantwortet. Und es war in einer Sache, wo man es hätte so oder so sehen können.

Und ich wurde gefragt, was sagt die Rechtsprechung? Und ich wusste es nicht. Und es war eine Frage Auslegung 50-50.

Ich habe halt ein 50 genommen. Es war das andere. Und dann habe ich aber nicht aufgehört dabei.

Da habe ich nicht mich geduckt und habe gesagt, so war es. Und da habe ich gesagt, damals, okay, ich habe sogar mich empört. Ich habe gesagt, das könnte ja wohl nicht wahr sein.

Das war nicht so klug. Klüger wäre gewesen zu sagen, oh, das wundert mich aber. Das halte ich nicht für die richtige Lösung, weil.

Und ich habe dann dadurch argumentiert, warum ich das für falsch finde. Und da habe ich wirklich die prächtigste Note gegeben, die es gab. Ich hatte letztlich die drittbeste Note von ganz Nordgriechenland.

Und das hätte ich nicht tun können, wenn ich davor nicht vielfach geübt hätte, mich behaupten zu müssen, auch in Situationen, wo mir jemand halt sagt, ich hätte einen Fehler gemacht. Zum allerersten Mal in deinem Leben kannst du das nicht in der scharfen, in der letztlich, das waren vorher auch Prüfungen, aber die waren nicht so wichtig. Die Examsprüfung im zweiten Staatsexamen, die war super, super, super wichtig.

Üben, üben, üben. Übrigens gibt es der Tim Ferriss, ein ausländischer Autor und auch halt Unternehmer und mittlerweile Investor. Da hast du vielleicht von dem das Buch schon mal gesehen, The Four-Hour Week, wie man mit vier Stunden Arbeit selbst halt ein ganzes Wochenpensum bringen kann.

Einer der Tipps ist vorne, sich zu blamieren, halt gratuell. Und der sagt sogar, geh irgendwo in ein Geschäft, ich glaube irgendwie zum Bäcker oder so, und leg dich auf einmal auf den Boden und fang an zu schreien oder so. Da hab ich mir gedacht, nee, das mach ich, also ganz ehrlich.

Natürlich bist du danach richtig schmerzfrei und befreit. Aber nein, dazu will ich jetzt nicht aufrufen. Und deswegen will ich auch nicht dazu aufrufen, provokativ falsche Dinge zu sagen in der Vorlesung oder sowas.

Aber zum Beispiel, wie gesagt, melde dich, melde dich. Gerade dann, wenn du wirklich das nicht gern willst. Exponiere dich und mit der Folge, dass du dich unter Umständen auch blamierst.

Zweite Stufe, blamiere dich potenziell vielleicht, indem du beantwortest, wenn du was gefragt wirst und nicht sagst, ich weiß es nicht. Und wenn du eine Meinung hast, von der du, natürlich nicht, dass du irgendeinen Quatsch erzählst, aber wenn die ProfessorInnen vorne was fragen und du hast eine Vermutung, heb die Hand und äußere diese Vermutung. Und wenn sie falsch ist, dann hast du dich blamiert quasi.

Beziehungsweise nicht, du hast bloß eine falsche Antwort gegeben. Manche, und Fun Fact, manche von solchen falschen Antworten, insbesondere wenn ich nachgehakt habe, um zu verstehen, weswegen halt die Studierenden zu dieser Lösung gekommen sind, haben sich als genial erwiesen, dass ich gesagt habe, Mensch, der Gedanke dahinter, weil ich dann versucht habe zu rekonstruieren, warum ist er dahinter, dass ich gesagt habe, es ist zwar im Ergebnis falsch, aber der Gedanke dahinter, der zeigt richtig gutes Verständnis, ich kann das verstehen, warum du in diese, nur hier, da war eine Abkürzung, die du übersehen hast, oder eine Abbiegung. Und dadurch haben wir alle was gelernt, mich inklusive.

Also, okay, wir formulieren um, nicht blamiere dich, sondern exponiere dich. Und am Anfang im geschützten Raum und zunehmend mehr, und das ist so befreiend. Denn wenn du keine Angst mehr hast, davor etwas falsch zu machen, ab dann hast du so viele Möglichkeiten.

Die meisten Menschen werden nicht ihr Potenzial erfüllen, weil sie Angst davor haben, es auszuprobieren und zu scheitern. Und ich inklusive. Es ist erst in letzter Zeit, dass ich mich davon befreie.

Aber egal, es ist egal wann. Das vorherige, das kann man eh nicht zurückbringen. Insofern, üben, üben, üben, exponiere dich.

Und wenn du dich blamierst, auch dann aufstehen und weiter. Okidoki. Danke für die Aufmerksamkeit und bis nächste Woche.

Dr. iur. habil. Panajota Lakkis

Ehemalige Universitätsprofessorin & Prüferin. Ergo weiß ich genau, was du brauchst in deinem Jurastudium. In meinen Kursen lernst du, Jura zu verstehen. Im Podcast (Standorte im Player) und auch auf YouTube kannst du nach Lust und Laune stöbern. Du kannst auch mehr über mich erfahren. Oder ab und zu eine Mail mit juristischen und jurafreien Goodies erhalten.

Mein aktuelles Motto: Was wäre, wenn?

Meine Überzeugung: Jura macht ab dem Moment Freude macht, in dem du die Zusammenhänge verstehst.

Vielleicht kann ich dir helfen, (wieder) Freude an Jura zu finden?