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Jura endlich meisternTeil der Bewegung werden

Der h.M. folgen oder nicht?

Mrz 1, 2024Prüfungshandwerk

Alles zu seiner Zeit – in der Klausur willst du vielleicht lieber dem Mainstream folgen.

Transkript

Bitte beachte, dass dieses Transkript maschinell erstellt wurde.

Jura Meistern, der Podcast Episode 173 von und mit Panajota Lakkis.

Einen wunderschönen guten Morgen!

Hast du die letzte Episode gehört, wo ich zum Verhältnis von Paragraf 314 mit den Spezialkündigungsmöglichkeiten gesprochen habe? Dort habe ich angedacht, demnächst eine Episode zu drehen im Hinblick auf vertretbare Ansichten und wie du damit umgehst im Gutachten.

Und ich hatte mir zwar davor behalten, das doch nicht in der nächsten Folge zu tun, ich tue es aber, es interessiert mich zu sehr als Thema. Ausgangslage war und ist, dass du eine Meinung, die der BGH vertritt, selbst als nicht die Beste oder eventuell sogar als nicht richtig ansiehst. Das kann bewusst der Fall sein, das kann natürlich unbewusst sein, indem du nicht mehr weißt, wer was sagt oder was die herrschende Meinung ist und du lediglich im Kopf dir denkst, was kann denn vertretbar sein zu dieser Problematik und dann hast du oft Weiß, Schwarz und Grau dazwischen. Ich glaube, ich habe schon mal darüber gesprochen, wie man zu jeder Problematik, auch ohne es zu wissen, in der Lage ist, wenn man darin geschult ist, Meinungen zu generieren und man muss sie nicht aus dem Gedächtnis hervorkramen.

Ich werde es nachher überprüfen, wenn ich das noch nicht gesagt habe, dann werde ich es dann in der kommenden Folge wieder tun. Aber gehen wir mal davon aus, dass du bewusst weißt, dass die Meinung, die du für korrekt hältst, nicht die ist, die als Mainstream gilt. Denn wenn dir das nicht bewusst ist, dann ist alles das, was wir sagen werden jetzt Makulatur, denn jetzt will ich über Taktik mit dir reden. Was tust du?

Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste ist, dass du sagst, ist mir egal, was ich jetzt persönlich für richtig finde, da ich weiß, was vermutlich die Aufgabe als primären Lösungsweg drin hat, denn es entspricht der sogenannten herrschenden Meinung, da ich das also weiß, werde ich das auch schreiben. Das ist die erste Möglichkeit. Die zweite Möglichkeit ist eine andere.

Ich kann dir da eine Anekdote erzählen aus meiner eigenen mündlichen Prüfung damals in Griechenland für das Examen, um die Anwaltszulassung zu erhalten. Im Mündlichen wurde ich gefragt, es handelte sich irgendwie um Urkundenbetrug, ich weiß gar nicht mehr in der Sache, was die Frage war, und es war eine Frage, und da wurde ich gefragt, was richtig ist, und es waren denkbar, was die Rechtsprechung dazu sagt. Es war ein Richter, der prüfte, ein Staatsanwalt, es war sogar der leitende Staatsanwalt, und ich hatte keine Ahnung, was die Rechtsprechung sagt. Ich sage es offen, ich hatte damals auch die Vermessenheit, dass ich gesagt habe, was kümmert mich, was die Rechtsprechung sagt, das sind Praktika.

Ich hatte nicht so gelernt, was gibt es für Ansichten, was sagt die Rechtsprechung, ich hatte keine Ahnung. Ich habe kurz überlegt, und ich erkannte, zu dieser Frage kann es nur zwei Antworten geben, weiß oder schwarz. Grau war da nicht dazwischen möglich. Und dann habe ich mir gedacht, ok, nehmen wir weiß.

Und dann sage ich ja weiß, und dann sagt der Prüfer zu mir, es ist aber schwarz, was die Rechtsprechung sagt. Und da gehen mit mir die Geule durch, und ich hole tief Luft und fange an, das könne ja nicht wahr sein, das sei ja völlig falsch, weil, und fing dann an, bereits damals eine Vorlesung zu halten. Ich höre auf zu reden, Totenstille im ganzen Gerichtssaal, da war die Prüfung im Gerichtssaal, und die Prüfungen waren auch öffentliche, ähnliche wie hier, dass man hingehen kann, mit weniger sogar Voraussetzungen als hier, ohne Anmeldung und so. Totenstille, du hättest eine Stecknadel fallen hören können, und ich denke in dem Moment, oh ne, was hast du gerade getan.

Du hast ihm jetzt gesagt, dass sozusagen seine Zunft Unsinn erzählt, weil. Und ich kann mich erinnern, da habe ich gedacht, jetzt war es. Aber ich hatte mehr Glück als Verstand, der Vorsitzende und der ebenfalls Richter war in Griechenland für das zweite Staatsexamen, wie man es hier nennt, für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, prüfen jeweils der Präsident des OLG-Bezirks, wie gesagt, der leitende Oberstaatsanwalt und so weiter und so fort. Und der Vorsitzende, das war der Präsident des Oberlandesgerichtes, der guckt den leitenden Oberstaatsanwalt an und sagt, merken Sie sich dieses Gesicht, diese Frau, die werden Sie noch öfter sehen wahrscheinlich.

Und ich habe wirklich nicht die maximalste Note gekriegt, drei Punkte haben mir gefehlt, aber ich hatte die drittbeste Note im gesamten OLG-Bereich und der ist groß in Griechenland, es gibt nicht so viele OLGs wie hier. Aber das war aus heutiger Sicht Quatsch. Ich habe verkannt einen Grundsatz, der nennt sich, ich sage es extra auf Englisch, there is a time and there is a place. Es gibt also für alles den richtigen Zeitpunkt und das richtige Setting.

Und der richtige Zeitpunkt, um jetzt zu zeigen, wie man selber meint zu erkennen, was für einen Unsinn die herrschende Meinung verzapft, der ist sicherlich nicht in der Klausur. Erstens, weil man, wenn man mit so einer Arroganz wie ich damals, ich sage es ungeschönt, auftritt, die Gefahr läuft, wenn man sich geirrt hat, dass man dann erst recht einen drüber gebraten kriegt, dann ist es nämlich doppelt peinlich. Und der andere ist, warum sollte man es denn tun? Ist es wirklich so, dass man sich so verbiegt, wenn man das vertritt, was die herrschende Meinung ist, dass man sich sagt, nein, das kann ich mit mir und meinem Gesicht nicht vereinbaren.

Gut, bei mir war das jetzt damals nicht bewusst, also die erste Antwort, mir war gar nicht bewusst, was die Rechtsprechung damals gesagt hat, insofern, aber die Tirade danach, die war falsch. Es hätte auch anders, zum Beispiel heute würde ich eventuell sagen, das wundert mich aber ein bisschen, ich habe gewisse Bedenken, denn wie ist es denn mit den Punkten x, y und z? Gleiche Möglichkeit zu zeigen, was ich denke, aber mit einem ganz anderen Unterton und der Ton macht nun mal die Musik. Die Teilnahme an einer Prüfung ist Kommunikation, auch dazu habe ich öfters was gesagt.

Es ist Kommunikation und bei der Kommunikation kommt es darauf an, wie der Empfängerhorizont das wahr und aufnehmen wird, was ich sage oder schreibe. Nun ist es natürlich so, dass auch in der mündlichen Prüfung man mehr Möglichkeiten hat als in der Klausur, man kann wieder einrudern, man kann merken, dass jemand verärgert reagiert unter Umständen und dann sich anpassen, aber grundsätzlich gilt, sei nicht unbedingt in der Klausur jetzt revolutionär, sondern behalte diese revolutionäre Idee für einen Aufsatz, den du später dann oder auch noch als Studierende veröffentlichst. Das gibt es auch immer wieder. Das ist dann kein Thema, aber in der Klausur und in der mündlichen Prüfung bist du safe, wenn du dem folgst, von dem du ausgehst, dass es verlangt wird nach dem offiziellen Lösungsweg, zumindest dem primären.

Denn ich habe dir bereits gesagt, dass die Lösungshinweise, die die KorrektorInnen kriegen, immer auch alternative Wege und vertretbare Wege aufzeigen. Und wenn du trotzdem erkennst, was denn obwohl der primäre Weg sein wird, dann nimm den in Gottes Namen. Das kannst du entweder erkennen, weil du das weißt aus deinem Wissen oder weil es sich ergibt aus der Lösungsführung, dass du dir denkst, zum Beispiel, die Frage 2 kriege ich nur als Hilfsgutachten runtergeschrieben, wenn ich in der Frage 1 ausgehe von der Meinung X, die ich für richtig halte. Kann es nicht sein, dass ich dann doch besser die Ansicht Y nehme, die dann dazu kommt, dass ich in der Frage B kein Hilfsgutachten schreiben muss.

Dann sollte ich das vielleicht nehmen. Ähnlich dann, wenn da gibt es einige Tricks, wenn in den BearbeiterInnenvermerken, zum Beispiel in der Frage 2, alle mit ins Boot genommen werden. Wenn da drin steht, vorausgesetzt, dass das und das passiert ist oder das und das gilt und damit das Ergebnis der Frage 1 dann in dem Sinne zugrunde gelegt wird, wie geht es denn dann weiter. Auch dann zeigt dir dieses alle ins Boot nehmen, dass es weiter oben durchaus eine Möglichkeit gibt, nach links oder nach rechts zu gehen, dass das bereits antizipiert wurde und die AufgabenstellerInnen geschickterweise alle wieder ins gleiche Boot reingenommen haben, damit keiner ein Hilfsgutachten schreiben muss.

Das sind also dann die Hinweise und wenn du, entweder weil du es weißt oder weil dir die Sachverhaltsführung so signalisiert, wenn du also weißt oder meinst zu wissen, was denn wohl offiziell als primärer Weg in der Lösungsskizze ist, dann bin ich heute der Ansicht, dass du dir keinen Zacken von der Krone brichst, wenn du diesen Weg auch nimmst. Ganz sicherlich ist nicht die schriftliche Klausur, der Pläonismus ist bewusst, um das klar zu machen, ganz sicherlich ist also nicht die Klausur der richtige Weg, um dann Revolutionen auszulösen. In der mündlichen ist es ein bisschen anders, dann lerne aber von meiner früheren Idiotie und formuliere das nicht mit der Arroganz, dass du dir sagst, das kann doch nicht sein, das ist doch falsch, sondern mit der gebotenen Demut, dass du dich unter Umständen auch irren kannst und selbst wenn nicht, dass die anderen auch durchaus sich etwas gedacht haben, auch wenn es sich ergeben sollte, dass es aus deiner Sicht nicht korrekt ist. Okidoki, was halten wir also fest?

Wir halten fest, Ermutigung, das ist mir ganz wichtig, Ermutigung nachzudenken selber und die Meinungen zu hinterfragen. Ganz sicherlich meine ich nicht, dass du die herrschende Meinung als Dogma lernen solltest, du solltest sie hinterfragen und manchmal wirst du nach trefflicher Überlegung zu dem Ergebnis kommen, dass du diese nicht für richtig hältst. Manchmal wirst du das auch in deinen Lehrbüchern so lesen, dass die AutorInnen genau das auch behaupten. Und wie gesagt, das ist sogar sehr sehr sehr wichtig, das ist aber nichts, was jetzt unbedingt dann heißen sollte, insbesondere wenn die Ansicht zu sehr großen Unterschieden dich bringen würde in der Lösung, dass du das jetzt unbedingt auch in der Klausur tun solltest, dass du dir sagst, überspitzt gesagt, ich bin zwar sicher, dass alle nach Westen gehen wollen, inklusive der Lösungsskizze, ich gehe aber nach Osten, ihr habt alle Unrecht.

Du lebst dann gefährlich, natürlich kannst du dann später dann hoffen, dass die KorrektorInnen dann auf Vertretbarkeit und Folgerichtigkeit deine gesamte Klausur weiter dann korrigieren, unter Umständen kannst du remonstrieren und so weiter und so fort. Willst du dir das aber antun? Ist es wirklich so wichtig? In der Regel ist es das nicht.

Wie heißt es so schön, willst du Recht haben oder glücklich sein? Und das gilt manchmal auch in der Prüfung. Und noch einmal, ich will keine Drückeberge heranziehen, im Gegenteil, ich liebe Freigeister und ich liebe das Hinterfragen, ich liebe es auch, wenn ich hinterfragt werde, wenn mich manchmal im Hörsaal ein Student oder eine Studentin selber auf eine eigene Inkonsequenz hinweist, ich freue mich immer wie Bolle und ich lache mich schlapp und indem ich dann manchmal sage, boah ist das peinlich, jetzt seht einmal, auch ich bin nicht unfehlbar und ich hoffe, dass ich das mittlerweile kapiert habe. In jungen Jahren war mir das nicht bewusst.

Aber von dahin bis zu in der Prüfung dann Augen zu und durch quasi wie ein Elefant in den Porzellanladen reinzugehen, da ist ein riesen Unterschied. Tu es mir also in dieser Form nicht nach, sei klüger und besonnener als ich und wenn du trotzdem dann einer anderen Ansicht folgen willst, als du denkst, dass die die offizielle ist, tu es und schreib dann ein alternatives, ein Hilfsgutachten. Aber tu es überlegt und nicht aus Prinzip. Umgekehrt, wenn du wirklich erkennst, insbesondere wenn durch die Frageführung du erkennst, was völlig sicherlich der richtige Weg ist, laut Lösungsskizze, dann nimm ihn in Gottes Namen.

Ich habe mal Fälle, eine Klausur korrigiert, wo wirklich mir Studierende ausgestiegen sind bei einer Frage weiter oben, wo es sogar Vertreter gewesen wäre, die dann aber den ganzen zweiten Teil dann damit zerschossen haben und mir auch kein Hilfsgutachten geschrieben hat. Das hat mich dann sehr traurig gemacht. Das Problem war eben, dass die dadurch und dadurch, dass sie nicht einmal ein Hilfsgutachten gemacht haben, dann sich wirklich um Kopf und Kragen geschrieben haben. Das ist etwas, das kann und sollte man vermeiden und in diesem Sinne frohes Hinterfragen, frohes dich Fragen, worum es geht, frohes auch manchmal erkennen, dass du andere Ansicht bist als die herrschende Meinung oder Rechtsprechung, was auch immer.

Ist das die Menge, ist das die Güte, was ist es? Lass uns aber jetzt nicht philosophieren und dann triff deine eigenen Entscheidungen im Hinblick auf welchen Lösungsweg du nehmen wirst. Also dann, du hast Panajota Lakkis von Jurameistern zugehört. Ich sage danke fürs Zuhören und bis nächstes Mal.

🧐 Wie denkst du über das Thema, was sind deine Erfahrungen?

📫 Schreib mir, ich freue mich, von dir zu lesen!

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🤫 Geheimtipp: Auf Notion habe ich einen juristischen Second Brain aufgestellt, den ich dir gern zur Verfügung stelle. Hier findest du Querverweise zwischen den Podcastfolgen nach Lust und Laune, aber auch die Querverbindungen zwischen den Themen, die ich im kostenpflichtigen Mitgliederbereich bereitstelle. Gern geschehen 😘!

 

Dr. iur. habil. Panajota Lakkis

Ehemalige Universitätsprofessorin & Prüferin. Ergo weiß ich genau, was du brauchst in deinem Jurastudium. In meinen Kursen lernst du, Jura zu verstehen. Im Podcast (Standorte im Player) und auch auf YouTube kannst du nach Lust und Laune stöbern. Du kannst auch mehr über mich erfahren. Oder ab und zu eine Mail mit juristischen und jurafreien Goodies erhalten.

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