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Die Schreibzeit hat begonnen – und nun?

von Mrz 14, 2018Prüfungshandwerk

Die Schreibzeit beginnt jetzt – was nun? Ich gehe mit dir die Schritte durch, die dich jetzt weiterbringen. Letzte Woche haben wir den Klausurenkoffer gepackt. Heute ist es soweit – Hilfsmittel und Schreibzeug kommen zum Einsatz!

Schaffe eine gute Ausgangsbasis: Bring dich zur Ruhe

Hast du schonmal “Wer wird Millionär” geschaut, die Antwort sofort gewusst und dich gewundert, wieso die Kandidaten nicht darauf kommen? Genau – zu Hause auf dem Sofa, entspannt und ohne Erfolgsdruck lässt es sich besser denken und Fragen beantworten. Jetzt sitzt aber du auf dem Kandidatenstuhl – und zwar ohne Joker. Je schneller du es also schaffst, “runterzukommen”, desto besser. Hast du ein Ritual, wie du zur Ruhe kommst und fokussiert, ist jetzt die Zeit dafür. Wenn nicht, schließ kurz die Augen oder richte sie entspannt auf einen Punkt leicht nach unten und atme ein paarmal ruhig und tief durch die Nase in den Bauch hinein und dann durch den Mund lang und tief wieder aus. 

Es geht los: Du liest den Sachverhalt

Beim ersten Lesen des Sachverhalts entsteht bei fast allen KandidatInnen unweigerlich ein Gedanken- und Gefühlskarussell. In Szenario Nr. 1 “erkennst” du Probleme und Konstellationen und dein Hirn verselbständigt sich und fängt schon an, “Lösungen” bzw. Prüfungspunkte rauszuspucken, während du noch den Sachverhalt liest. In Szenario Nr. 2 ist die spontane Reaktion “Hilfe, ich habe keine Ahnung” und der Nervositätsgrad steigt. Beide Szenarien sind gefährlich – erstaunlicherweise ist das Szenario Nr. 1 eventuell noch gefährlicher. Warum? Weil du in eine falsche Denkschiene reingeraten kannst, die dich – wenn du Pech hast – weit weg von der korrekten Lösung führen kann.

Hüte dich vor der beliebten Schlagwort-Konditionierung!

Es gibt durchaus Sachverhaltsangaben, die oft in Verbindung mit einer konkreten Problematik auftauchen. Diese möglichen Verbindungen zu kennen, ist durchaus sinnvoll und nützlich. Gefährlich wird es jedoch, wenn aus der Kenntnis einer möglichen Verbindung eine Konditionierung wird. Dann tappst du unter Umständen in die WAU-Falle. WAU steht für “wahr, aber unerheblich” (meine Übersetzung für TBI: true but irrelevant). In dieser Falle solltest du nicht tappen. 

Erstelle gutes Unterstützungsmaterial

Auf diesen Punkt bin ich schon bei der ersten Q&A eingegangen, ich hatte hierzu einige Fragen erhalten. Meine Ansicht ist, dass die Wichtigkeit dieses Punktes oft verkannt wird. Im schlimmsten Fall übersiehst du dann Angaben und Hilfestellungen im Sachverhalt. Zumindest verlierst du Zeit und verschwendest unnötig viel deiner heutigen Denkleistung, indem du immer wieder den – oft sehr langen – Sachverhalt durchliest. Mein Tipp: Erstelle auf Notizenblättern, die du ständig im Blickfeld hast, eine Bestandsaufnahme aller Sachverhaltsangaben in übersichtlicher Form, einen Zeitstrahl sowie eine Skizze der Rechtsverhältnisse. Ob du auch eine Lösungsskizze machen solltest, hängt von der Kompliziertheit der Klausur und deinem individuellen Können ab.

Entscheide über das heutige Zeitmanagement

Nachdem du dir durch dein Unterstützungsmaterial einen Überblick über die Lage verschafft hast, solltest du dir die Zeit für die verschiedenen Abschnitte grob einteilen. Da du das Handy nicht am Tisch haben darfst, kannst du dir leider keinen Timer stellen. Ich empfehle, dir die Zeiten, die du festgelegt hast, sehr deutlich auf ein separates Blatt Papier groß aufzuschreiben, damit du nicht bei jedem Blick auf die Uhr rechnen musst.

Bevor du beginnst: Lies den gesamten Gesetzesabschnitt

Jetzt hast du schon sehr gute Voraussetzungen geschaffen, es fehlt nur noch ein wichtiger Schritt: Lies dir einmal kurz den gesamten Gesetzesabschnitt durch, mit dem du arbeiten wirst. Das dauert nicht lange und dadurch hast du einen guten Überblick, um im Anschluss während der Lösung gezielt zu suchen. 

Los geht’s mit der Reinschrift!

Und jetzt geht es los. Du hast den ersten Obersatz festgelegt – ab hier führt dich das Gesetz. Achte auf deine Überleitungen, denk an das oberste Gebot in der Prüfung:

Die KorrektorInnen müssen nicht nur verstehen, WAS du schreibst, sondern auch WARUM du es schreibst!

Entgegen eines populären Irrglaubens ist dies weitaus wichtiger, als noch eine zusätzliche Theorie in einem Meinungsstreit zu können.

Sei smart, setze den richtigen Fokus. Miau, nicht WAU bringt dir die gute Note!

Transkript

Bitte beachte, dass dieses Transkript maschinell erstellt wurde.

Letzte Woche hatten wir den Klausurenkoffer gepackt, heute ist es soweit. Hilfsmittel und Schreibzeug kommen zum Einsatz. Hallo und herzlich willkommen bei Juraexamen Stressfrei, dem Podcast, der dir Anregungen gibt, du ahnst es, wie du stressfrei durchs Examen gehen kannst.

Ich bin Panajota Lakkis, ehemalige Professorin und Prüferin, Autorin, Examenscoach und Hinterpragerin aus Leidenschaft. Packen wir es an! Du bist jetzt im Prüfungssaal, die Kontrollen haben stattgefunden.

Das Wichtigste ist jetzt eine gute Ausgangsbasis zu schaffen, indem du dich zur Ruhe bringst. Wenn du schon einmal zum Beispiel im Fernsehen Wer wird Millionär geschaut hast, dann hast du oft vermutlich die Antwort gewusst und dich gewundert, wieso die Kandidaten nicht darauf kommen. Und das liegt nicht immer daran, dass du so viel besser gebildet bist oder die so viel verpeilter sind.

Es liegt einfach in der Regel daran, dass zu Hause auf dem Sofa entspannt und ohne Erfolgsdruck es sich besser denken lässt und auch Fragen beantworten. Und jetzt sitzt aber du auf dem Kandidatenstuhl im Prüfungsraum und zwar ohne Joker. Je schneller du es also schaffst runterzukommen, desto besser für dich.

Wenn du ein Ritual hast, wie du zur Ruhe kommst und fokussierst, ist jetzt die Zeit dafür. Wenn nicht, schließ kurz die Augen oder richte sie entspannt auf einen Punkt, leicht nach unten, schräg vorne unten und atme ein paar mal ruhig und tief durch die Nase in den Bauch hinein und dann durch den Mund lang und tief wieder aus. Und dann geht es los.

Du liest den Sachverhalt. Beim ersten Lesen entsteht bei fast allen Kandidatinnen und Kandidaten unweigerlich ein Gedanken- und Gefühlskarussell. In Szenario Nummer eins erkennst du Probleme und Konstellationen und dein Hirn verselbstständigt sich und fängt an Lösungen und Prüfungspunkte rauszuspucken, während du noch gar nicht den Sachverhalt zu Ende gelesen hast.

In Szenario Nummer zwei ist die spontane Reaktion Hilfe, ich habe keine Ahnung und der Nervositätsgrad steigt. Beide Szenarien sind gefährlich. Erstaunlicherweise ist am gefährlichsten das Szenario Nummer eins.

Warum ist das so? Weil du hier Gefahr läufst, in eine falsche Denkschiene rein zu geraten, die dich, wenn du Pech hast, weit weg von der konkreten und korrekten Lösung führen kann. Hüte dich in diesem Zusammenhang vor der beliebten Schlagwortkonditionierung.

Es gibt in der Tat Sachverhaltsangaben, die oft in Verbindung mit einer konkreten Problematik auftauchen, zum Beispiel die Paketstäbe mit der Problematik, wer trägt denn die Kosten für Ein- und Ausbau und zwar im Bereich eines Kaufvertrages. Diese möglichen Verbindungen zu kennen ist durchaus sinnvoll und auch nützlich. Gefährlich wird es aber, wenn aus der Kenntnis einer möglichen Verbindung eine Konditionierung wird, dass du ganz sicher bist, dass es um die konkrete Verbindung sich handelt, die du gelernt hast.

Dann tappst du unter Umständen in die WAU-Falle. WAU steht in diesem Sinne für wahr, aber unerheblich. Das ist übrigens meine Übersetzung für TBI, true but irrelevant.

In diese Falle solltest du nicht tappen. Wahres, aber unerhebliches zu schreiben bringt nicht nur Pluspunkte, sondern es bringt auch Abzüge. Nachdem du jetzt die Gefahr erkannt und auch gebannt hast, gehst du an die Erstellung guten Unterstützungsmaterials.

Ich habe hierzu bereits etwas bei der ersten Q&A-Runde gesagt. Im geschriebenen Beitrag werde ich dazu verlinken. Meine Ansicht ist, dass die Wichtigkeit dieses Abschnittes Unterstützungsmaterials verkannt und unterschätzt wird.

Im schlimmsten Fall übersiehst du dann aber Angaben und Hilfestellungen im Sachverhalt. Zumindest verlierst du Zeit und verschwendest unnötig viel deiner heutigen Denkleistung, indem du immer wieder den Sachverhalt durchliest. Und der kann manchmal ganz schön lange sein.

Wir haben manchmal Sachverhalte, die gehen über zwei Seiten. Die möchtest du nicht immer und immer wieder durchlesen, sondern anfangs so gründlich durchgehen, dass du danach alle Punkte auf einem separaten Blatt Papier hast und du den langen Sachverhalt nicht wieder lesen musst. Mein Tipp lautet, Notizblätter zu erstellen, die du ständig im Blickfeld hast, und zwar eine Bestandsaufnahme aller Sachverhaltsangaben in übersichtlicher Form, einen Zeitstrahl und eine Skizze der Rechtsverhältnisse, zumindest dann, wenn du mehr als zwei Personen hast im Sachverhalt.

Ob du jetzt auch eine zusätzliche Lösungsskizze machen solltest, hängt zum einen von der Kompliziertheit der Klausur ab und zum anderen von deinem individuellen Können. Hast du dies getan, hast du jetzt einen guten Überblick über das Leistungspensum, das du heute vor dir hast, und jetzt solltest du dir die Zeitabschnitte festlegen, die du für die jeweiligen Stufen und Abschnitte zugrunde legen möchtest. Da du das Handy nicht am Tisch haben darfst, kannst du leider auch keinen Timer stellen.

Ich empfehle deswegen, die Zeiten, die du festgelegt hast, sehr deutlich auf ein separates Blatt Papier groß aufzuschreiben, damit du nicht bei jedem Blick auf die Uhr rechnen musst, wo du dich gerade befindest und wie viel Zeit übrig bleibt. Bevor du jetzt mit der Lösung beginnst, fehlt nur noch ein kleiner, aber sehr wichtiger Schritt. Lies dir einmal kurz den gesamten Gesetzesabschnitt durch, mit dem du arbeiten wirst.

Das dauert nicht lange und dadurch hast du einen guten Überblick. So kannst du dann im Anschluss während der Lösung gezielt die Spezialvorschriften suchen und läufst nicht Gefahr, etwas zu übersehen. Hast du auch das getan, geht es los mit der Reinschrift.

Du hast den ersten Obersatz festgelegt, ab hier führt dich das Gesetz. Achte insbesondere auf deine Überleitungen und denk daran, dass es ein oberstes Gebot gibt in der Prüfung, und zwar die Korrektoren müssen nicht nur verstehen, was du schreibst, sondern auch, warum du es schreibst. Und hier hilft dir die saubere Gutachtentechnik, insbesondere die Überleitungen.

Entgegen eines populären Irrglaubens ist dies weitaus wichtiger, als noch eine zusätzliche Theorie in einem Meinungsstreit zu können. Sei also smart, setze den richtigen Fokus. Nicht wow bringt dich weiter, sondern eher miau.

Ich bin Panajota Lakkis und ich hoffe, ich habe dir heute eine Anregung gegeben. Wie du deine Examensvorbereitung ein kleines Stückchen stressfreier machen kannst. Denk daran, es liegt in deiner Hand.

Also pack’s an, wir hören uns in der nächsten Episode.

Dr. iur. habil. Panajota Lakkis

Ehemalige Universitätsprofessorin & Prüferin. Ergo weiß ich genau, was du brauchst in deinem Jurastudium. In meinen Kursen lernst du, Jura zu verstehen. Im Podcast (Standorte im Player) und auch auf YouTube kannst du nach Lust und Laune stöbern. Du kannst auch mehr über mich erfahren. Oder ab und zu eine Mail mit juristischen und jurafreien Goodies erhalten.

Mein aktuelles Motto: Was wäre, wenn?

Meine Überzeugung: Jura macht ab dem Moment Freude, in dem du die Zusammenhänge verstehst.

Ich kann dir helfen, (wieder) Freude an Jura zu finden.

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