Die Wichtigkeit der Wirknormen und deren Bedeutung im Gutachten
Eine saubere Überleitung beinhaltet eine konkrete Wirknorm, die die Rechtsfolge enthält, die das vorherige Zwischenergebnis in Frage stellt bzw. verändert.
So einfach ist das – und doch kann ich dir aus meiner Erfahrung als Korrektorin sagen, dass viele Studierende keine sauberen Überleitungen bilden.
Damit dir das nicht auch passiert, habe ich diese Podcastfolge für dich aufgenommen.
Transkript
Bitte beachte, dass dieses Transkript maschinell erstellt wurde.
Jura Meistern, der Podcast von und mit Panajota Lakkis, Episode 161.
Einen wunderschönen guten Morgen. Heute will ich eine sehr praktische Folge mal drehen, die aus meiner Erfahrung früher als Korrektorin und heute noch in der Lehre entstanden ist. Es geht um die Besonderheit und insbesondere die Wichtigkeit der sogenannten Wirknormen und der Feststellung, dass diese Wichtigkeit sehr oft von vielen Studierenden unterschätzt wird.
Wirknormen sind Normen, die eine Rechtsfolge beinhalten. Normen, die eine Rechtsfolge beinhalten, kennst du selbstverständlich als Anspruchsgrundlagen oder auch als Rechtsgrundlagen. Die wirst du schon finden, wenn deine Frage im Gutachten ist, ob ein Käufer die Lieferung einer gekauften Sache verlangen kann, dann wirst du schon den Paragrafen 433 Absatz 1 finden und angeben. Da sehe ich weniger die Probleme.
Aber es gibt nicht nur Anspruchsgrundlagen, sondern es gibt darunter auch andere Wirknormen mit einer Rechtsfolge, die davon zu unterscheiden sind von den Anspruchsgrundlagen, dass sie nicht einen konkreten Anspruch geben oder ein Rechte jeweils zum Beispiel zur Kündigung geben, sondern die eine Prüfung verändern in ihrem Gang so ähnlich wie eine Weiche auf Bahngleisen. Zum Beispiel Vorschriften, die Einreden begründen können. Insbesondere zum Beispiel nehmen wir mal eine Einrede, nehmen wir die Verjährung, die Durchsetzbarkeit. Du hast eine Anspruchsgrundlage gefunden, zum Beispiel bleiben wir mal bei dem Beispiel des Anspruchs auf Lieferung der gekauften Sache, 433 Absatz 1, und dann willst du irgendwann dazu kommen, dass Verjährung eingetreten sein könnte.
Und jetzt brauchst du eine Überleitung. Die Überleitung ist in ihrer Funktion ähnlich dem Obersatz. Sie ist, wenn du so willst, ein Mini-Obersatz, der innerhalb eines bereits feststehenden Zwischenergebnisses, dann verändert dieses Ergebnis. Und verändern kann nur eine Rechtsfolge.
Wenn du also als Zwischenergebnis hast, nachdem du geprüft hast, den Abschluss des Kaufvertrages, bist du zu dem Zwischenergebnis gekommen, dass ein Anspruch nach 433 Absatz 1 besteht, willst du dieses unter Umständen verändern. Dazu brauchst du eine Überleitung. Einen Satz, der so aussehen könnte, jedoch könnte der Verkäufer die Lieferung verweigern dürfen, und jetzt brauchst du genauso wie für deinen Obersatz eine Norm, die dieses Weigerungsrecht vorsieht, eine Wirknorm also. Und wenn du schon im Urin hast, dass das eine Norm aus dem Verjährungsrecht ist, dann nimmst du nicht die allererste Norm, die du findest, sondern im Verjährungsrecht suchst du nach der Wirknorm.
Nach einer Norm, die eben eine Rechtsfolge vorsieht, die relativieren könnte dieses Zwischenergebnis. K kann von V die Lieferung verlangen. Und diese Wirknorm kann nur der §214 sein. Diese Norm gibt ein Weigerungsrecht, ein Recht, die Leistung zu verweigern, indem man sich auf die Verjährung beruft.
In den Worten des Gesetzes nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern. Von diesem Satz ist die Rechtsfolge berechtigt, die Leistung zu verweigern. Und diese gibt uns auch dann die Überleitung. Mit anderen Worten, nach der Zwischenfeststellung, K kann von V Lieferung der gekauften Sache verlangen, kommt die Überleitung, die die Wirknorm enthält.
V könnte jedoch die Lieferung verweigern, wenn Verjährung eingetreten ist. Und jetzt habe ich mein Prüfungsprogramm, genauso wie ich es nach einer Anspruchsgrundlage habe. Was sind denn die Tatbestandsvoraussetzungen, dass Verjährung eingetreten ist? Erst jetzt kehre ich zu den Anfangsvorschriften zurück und sage, ich brauche einen Anspruch und es muss die Verjährung eingetreten worden sein.
Dazu muss ich ermitteln, wann sie begonnen hat, wie lang sie ist und ob sie nicht gehemmt wurde. Und das ist dann der korrekte Aufbau. Der falsche Aufbau wäre, nachdem du gesagt hast, V kann von K die Lieferung verlangen, jedoch könnte dieser Anspruch verjährt sein. Wenn ich danach direkt komme, sodass V die Leistung verweigern kann, wenn du nur schreibst in deiner Überleitung, dieser Anspruch könnte jedoch verjährt sein, ist das als Gutachtenstil falsch.
Denn was das bedeutet für den Anspruch, der zuvor festgestellt wurde, das hast du ja gerade nicht gesagt. Das wäre dann das, was ich so oft true but irrelevant nenne, TBI, und das bringt uns dann nicht weiter im Gutachten. Dann könnte ich auch sagen, heute könnte jedoch Montag sein. Ja, ist es auch.
Aber wieso und in wiefern relativiert diese wahre Aussage, heute ist Montag, die Feststellung davor, dass V von K verlangen kann die Lieferung, die eine Leistung ist, finde ich eine Wirknorm? Wenn ich keine finde, dann ist das eben TBI, true but irrelevant. Und im Kontext und im Jargon der Verjährung wäre das genau so. Die Aussage, der Anspruch könnte verjährt sein, besagt mir nichts, wenn ich nicht sage, was denn jetzt die Rechtsfolge ist.
Und die gibt mir eben diese Wirknorm. Also die Überleitung, die korrekte, muss auf jeden Fall enthalten, die Aussage, V könnte die Leistung verweigern. Das andere, der Eintritt der Verjährung, ist Tatbestandsvoraussetzung für diese Wirknorm. Und ich habe dir das extra an einem sehr einfachen Beispiel jetzt durchexerziert.
Das kannst du noch natürlich auch komplizierter haben. Zum Beispiel hast du einen Fall, dass du ein Grundstück hast, das mit einer Hypothek belastet ist, einer Fremdhypothek, und es wird in dieses Grundstück vollstreckt. Und der Schuldner der gesicherten Forderung ist eben nicht der Grundstückseigentümer. Das habe ich vorhin mit Fremdhypothek umschrieben.
Und jetzt hast du einen Fall, wo das so dargestellt wird im Sachverhalt, und du wirst gefragt, was könnte denn der E wie Eigentümer unternehmen gegen diese Zwangsvollstreckung. Du suchst also eine Wirknorm, und die findest du im Paragrafen 771 ZPO, wo drinsteht, dass es die Möglichkeit gibt, die Zwangsvollstreckung in einen konkreten Gegenstand für unzulässig erklären zu lassen. Bingo, du hast also deine Wirknorm, und ab da hangelst du dich dann entlang. Allerdings geht es jetzt noch weiter.
Du hast ein Zwischenergebnis gefunden irgendwann, nachdem du geprüft hast, ob er Dritter ist im Sinne dieser Vorschrift, ob er ein die Vollstreckung hinderndes Recht hat. Das hat er als Eigentümer des Grundstücks, und dann hast du dein Zwischenergebnis. Ja, er kann beantragen, dass die Zwangsvollstreckung in das Grundstück für unzulässig erklärt wird. Allerdings ist das nur ein Zwischenergebnis, denn unter Umständen hat er auch noch eine Duldungspflicht.
Diese ergibt sich aus dem Paragrafen 1147 BGB. Diese Duldungspflicht hat er, wenn an seinem Grundstück wirksam eine Hypothek bestellt wurde. Diese Funktionsweise, die musst du dir klar machen, die willst du dir klar machen, sonst machst du dir das Leben schwerer. Es gibt so viele Rechtsnormen.
Die meisten sind Hilfsnormen, die du erst dann brauchst, wenn du deine Wirknorm gefunden hast. Und deswegen tust du sehr gut daran, als allererstes immer die Wirknorm zu finden. Und das ist selbstverständlich, und das wirst du auch immer so tun, wenn du als spezifische Wirknorm eine Anspruchsgrundlage hast. Das tust du aber auch in allen Fällen, in denen du Zwischenergebnisse hast, die dann aber weiter relativiert werden, weil Verjährung eingetreten ist, weil unter Umständen eine Anfechtung erfolgt ist, sodass nach 142 BGB die Willenserklärung als von Anfang an nichtig gilt, weil eine Duldungspflicht bestand, was auch immer.
Immer dann also, wenn du ein Zwischenergebnis hast und weiterprüfen möchtest, tust du das, indem du eine saubere Überleitung bildest, und die muss enthalten die passende Wirknorm. Und ab da gehst du dann vor, wie mit deinen Anspruchsgrundlagen, dass du dir anschaust, was sind denn jetzt die Tatbestandsvoraussetzungen. Und das ist etwas, was erklärt, ziemlich profan vermutlich und eventuell klingt, was aber sehr, sehr, sehr oft falsch gemacht wird. Und das kostet nicht nur Punkte, indem du zeigst, dass du den Gutachtenstil nicht beherrschst, es kann auch dann dazu führen, dass du nicht korrekt prüfst.
Und das kann entweder sein, dass du seitenlang Dinge prüfst, die überhaupt nichts mit der Lösung zu tun haben, bestenfalls fällt dir das auf, und schlimmstenfalls prüfst du Dinge, die die Prüfung in die falsche Richtung transportieren, weil du nicht merkst, dass die Wirknorm nicht genau passt zu deinem Zwischenergebnis. Das hättest du dann aber gemerkt, wenn du mit ihr in der Überleitung angefangen hättest, dann hättest du gemerkt, dass das eine nicht mit dem anderen zusammenpasst. Wie man es dreht also oder wendet, bist du gut beraten, richtige Überleitungen zu bilden, die zwingend eine Wirknorm enthalten müssen. Immer dann, wenn du ansetzt, es könnte jedoch einen Satz, also damit anfängst, immer dann suchst du zwingend nach einer Rechtsnorm, die eine Rechtsfolge beinhaltet und die du dann anführst.
Also, Merksatz, sobald du anfängst mit, es könnte jedoch, meinetwegen auch ohne das jedoch, meistens hat man das jedoch drin, immer dann brauchst du die Angabe einer Rechtsnorm, die eine Rechtsfolge enthält, mit anderen Worten, die Angabe einer Wirknorm. Wenn du das mitnimmst, dann hast du ganz schön viel mitgenommen von dieser Folge, und das wünsche ich dir, denn es gibt genügend Fehler, die du auch sonst machen kannst, aber vermeide die Vermeidbaren, dann hast du Puffer für andere. In diesem Sinne, danke fürs Zuhören und bis nächste Woche. Ciao, ciao!
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